Die freien Minuten auf der Messe habe ich genützt, um bei den Tournieren zuzuschauen. Ähnlich wie letztes Jahr ist dort die Dressur in sehr hohen Klassen geritten worden. Verständlicher Weise habe ich einige Zeit am Rande des Abreiteplatzes in der Dressur Arena verbracht.
Dort erwartete mich eine sehr schöne Überraschung, die ich gar nicht vermutet hatte: Ich habe dort DEUTLICH weniger Rollkur (und sonstige schreckliche Bilder) gesehen, als noch im Jahr zuvor. Unser aller Bemühungen um Aufklärung und Bekämpfung scheinen also doch zu wirken! Obwohl die Rollkur weiterhin offiziell erlaubt ist, wenn auch unter anderem Namen, habe ich keine Reiter gesehen, die sie so unverfroren praktizierten wie noch vor einem Jahr. Im Gegenteil, auf dem Abreiteplatz haben sich alle bemüht, so zu tun, als würden sie ganz normal reiten.
Natürlich konnte man anhand der fehlerhaften Bemuskelung der Pferde und ihrer steifen, verkrüppelten Gänge unschwer erkennen, wer daheim rollt und wer nicht. (Ich frage mich, ob die Richter es auch sehen? Und falls ja, warum sie es ignorieren?)
Die Bemühungen um ein nettes Erscheinungsbild nahmen deutlich zu wenn Edward Gal mit seinem Totilas gerade auf dem Platz zu sehen war. Dieses fantastische Pferd ist nicht umsonst ein Publikumsmagnet. Seine tänzerische Bewegung, freies Schulterspiel und federnde Hanken, erinnern viel mehr an die klassische Vorbilder als der verspannte, zwanghafte Gang, der in den letzten Jahren kennzeichnend für den Dressursport geworden ist. Das kommt aber nicht von ungefähr: das Pferd wird auch fein geritten. (Natürlich wenn ich ein Wörtchen mitreden dürfte, wurde ich Totilas mehr Freiheit im Hals wünschen, nicht ganz so eng.) Und trotzdem: im Vergleich zur Konkurrenz, leider oft genug gerade auch der Namhaften, sah das Pferd wie von einem anderen, pferdefreundlicheren Stern kommend aus.
Mich beeindruckte seine – für ein Grand-Prix-Pferd angemessen entwickelte – Nackenmuskulatur sowie die starke Aktivität der Hinterbeine. Das kontrastierte sehr stark mit den eingefallenen Oberlinien, falschen Knicken und schleppenden, nach hinten herausgestellten Hinterbeinen seiner rollenden Konkurrenten. Diese Zeichen lassen vermuten – oder zumindest hoffen – dass das alles keine Show war sondern, dass das Pferd auch daheim etwas feiner ausgebildet wird.
Wenn dem so ist (was ich sehr hoffe!), dann ist Totilas das bestmögliche Argument gegen alle schreckliche Ausbildungstechniken: ein lebendiger Beweis nämlich dafür, dass ein fein ausgebildetes Pferd sich um Klassen besser (und schöner) bewegen kann, als all die armen Viecher, die die so genannte „neue Trainingsmethode“ über sich ergehen lassen müssen.
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